China vermeldet Rekord-Leistung bei Quantencomputern | Wissen & Umwelt | DW | 30.10.2021

2022-08-13 12:00:31 By : Mr. Tom Zhang

Wir verwenden Cookies, um unser Angebot für Sie zu verbessern. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Über Prozessoren mit bis zu 66-Qubits berichten chinesische Forschende. Ihre Quantencomputer sollen deutlich leistungsfähiger sein als die bisherigen Rekordhalter, die 54-Qubit-Prozessoren von Google.

Der photonische Quantencomputer Juizhang ist, im Gegensatz zu vielen Vorgängern, programmierbar.

Physiker in China berichten, dass sie zwei Quantencomputer gebaut haben, die deutlich leistungsfähiger sind als der bisherige Favorit im Quantencomputing, der 54 Quantenbit- (Qubit-)Rechner Sycamore von Google.

Sycamore war der erste Quantencomputer, der 2019 Quantenüberlegenheit, die sogenannte "Quantum Supremacy" erreicht hatte.  Er war also einem herkömmlichen Supercomputer in der Rechenleistung überlegen. Allerdings konnte er das nur mit einer sehr abstrakten und speziell dafür gestellten Rechenaufgabe unter Beweis stellen, die im Alltag keine Anwendung findet. 

Eines der neuen chinesischen Modelle namens Zuchongzhi 2 arbeitet - wie auch Sycamore -  mit supraleitenden Microchip-Resonatoren,  die durch Mikrowellen in Quantenzustände versetzt werden. 

Der zweite Quantencomputer Juizhang 2 arbeitet mit Photonen, also mit Licht. Dadurch sei der Rechner Milliarden-fach schneller als herkömmliche Supercomputer, schreibt der verantwortliche Forscher Pan. Nur eine Millisekunde brauche Juizhang 2, um eine Rechenarbeit durchzuführen, für die ein herkömmlicher Supercomputer 30 Trillionen (eine Eins mit 18 Nullen) Jahre bräuchte. Allerdings sind auch das nicht sehr alltägliche Rechenaufgaben.

China ist bereits seit längerem  in diesem Forschungsbereich führend und hat 2020 eine quantenphysikalische Laser-Kommunikationsverbindung über Satellit  zwischen zwei Erdstationen aufgebaut. Sie lagen 1000 Kilometer voneinander entfernt. Insofern lag die Entwicklung des neuen photonischen Quantencomputer in China nahe. Dazu später mehr. 

Die Forschenden haben ihre begutachteten Studien zu den beiden Maschinen in den Physical Review Letters hier und hier  sowie im Science Bulletin veröffentlicht. Die South China Morning Post  hatte über den Durchbruch berichtet, nachdem der Hauptautor der Studien Pan Jian-Wei  mit der Nachricht im staatlichen Fernsehen CCTV aufgetreten war.

"Es zeigt, dass China zumindest in der Lage ist, Quantencomputer zu bauen, wie wir sie im Westen auch bauen", sagt Kristel Michielsen. Die Professorin lehrt an der RWTH Aachen  und forscht am Jülich Supercomputing Centre (JSC)  über Quanteninformationsverarbeitung. "IBM hat auch schon eine Studie über einen 64-Qubit Quantencomputer veröffentlicht - das ist vergleichbar," sagt die Physikerin. 

Zudem nutzen weder Zuchongzhi 2 noch Sycamore bei den jeweiligen Rechenaufgaben alle Qubits, die ihnen theoretisch zur Verfügung stehen. Sycamore nutzte 53 und Zuchongzhi 57 Qubits.  

Pan Jian-Wei, Professor an der Wissenschaftlich Technischen Universität in Heifei in der Provinz Anhui, beschreibt den ersten der beiden Rechner als einen supraleitenden Quantencomputer. Damit wäre er Sycamore oder den IBM Quantencomputern vom Konstruktionsprinzip ähnlich.

Der Rechner ist nach dem chinesischen Mathematiker und Astronomen Zu Chongzhi benannt, der im fünften Jahrhundert gewirkt hat. Eines seiner Vermächtnisse war es, die Kreiszahl Pi auf sieben Kommastellen genau zu berechnen. Für die nächsten 800 Jahre hat niemand das übertroffen.

Eher unwahrscheinlich ist es allerdings, dass auch die Entwicklung der Quantencomputer für die nächsten acht Jahrhunderte dort verharrt, wo sie jetzt steht. Die Rechner werden immer besser.

Der neue chinesische Quantencomputer sei aufgrund der 66 Qubits schon jetzt um ein Vielfaches leistungsfähiger als Sycamore mit seinen 54 Qubits, sagte Pan. Zuchongzhi 2 könne Rechenoperationen vollziehen, die etwa eine Millionen Mal komplizierter seien, als Sycamore es könne.

Aber sowohl bei Sycamore, als auch bei dem jetzt vorgestellten chinesischen Rechner seien "das abstrakte Berechnungen von theoretischen Problemen. Anwendungen hat das eigentlich nicht," stellt Physikerin Michielsen klar. Es geht also weiterhin um Grundlagenforschung.

Zwar sehen Forschende in der Zukunft zahlreiche potentielle Anwendungen, von der Ver- und Entschlüsselung über Suchalgorithmen, physikalische Simulationen, die theoretische Konstruktion chemischer Moleküle bis hin zu künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen - aber in der Praxis gibt es all diese Anwendungen noch nicht. "Trotzdem zeigt es, dass die Maschinen vielleicht etwas tun können, was schwierig ist," sagt Miechielsen.   

Auch Pan machte deutlich, dass der Prozessor noch zu viele Fehler mache, um dafür schon jetzt marktreife Anwendungen zu entwickeln. 

Die größte Herausforderung für alle Entwickler von Quantencomputern ist es, die Quantenzustände stabil zu halten. "Erstmal versucht man Qubits und Quantengatter [also die erforderlichen verschränkten Zustände der Qubits, Anmerk. der Redaktion] von sehr hoher Qualität zu fabrizieren", sagt die Jülicher Physikerin Michielsen." Die Wahrung der Stabilität gelingt aber immer nur für sehr kurze Zeiträume.

Quantenzustände bleiben bei supraleitenden Quantencomputern zwischen 30 und 95 Mikrosekunden stabil. In denen können die hochspeziellen Rechenaufgaben durchgeführt werden. 

Bei Quantencomputern steigt die Rechenleistung mit der Anzahl der Qubits überproportional an. Dafür steigt aber auch die Fehlerrate steil an – selbst bei einer hohen Qualität der Qubits und der Quantengatter.

"Wenn man einen Algorithmus durchführt [eine Berechnung ablaufen lässt. Anmerk. d. Redaktion] kann es passieren, dass etwas schief läuft: Es kann sogar passieren, dass ein Algorithmus auf einem weniger leistungsfähigen Quantencomputer besser abläuft, als auf einem leistungsfähigeren Gerät", sagt Michielsen.

"Dann ist es erforderlich, viele zusätzliche Qubits dazu zu verwenden, um die Fehler zu korrigieren," sagt die Physikerin. Ihr chinesischer Kollege Pan, wiederum schätzt, dass die Physiker "die nächsten vier bis fünf Jahre harter Arbeit" brauchen, um die Quanten-Fehlerkorrektur in den Griff zu bekommen.

Der zweite Rechner ist nach einem chinesischen Mathematik-Lehrbuch aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus  benannt und birgt noch mehr Überraschungen: Es handelt sich um einen photonischen Quantencomputer, der also mit Licht funktioniert. Ein Lichtteilchen (Photon) dient dabei als ein Qubit, und Juizhang 2 nutzt 113 Photonen.

Konstruktionsbedingt waren photonische Quantencomputer, anders als die supraleitenden Quantencomputer, lange Zeit nicht programmierbar. Daher war ihre Anwendbarkeit noch stärker begrenzt gewesen, als bei supraleitenden Quantencomputern.

"Programmierbar bedeutet, dass man kontrolliert einen Einfluss auf die Qubits ausüben kann" sagt Michielsen. "Bei supraleitenden Quantencomputern kann man im Quantengatter bestimmte Pulse geben und Qubits damit kontrollieren." So können die Forscher definierte Algorithmen ablaufen lassen, etwa um den niedrigsten Energiezustand eines kleinen Moleküls zu berechnen. 

Bei Juizhang 2 ist es immerhin möglich, etwas mehr Einfluss auf die Algorithmen zu nehmen, als bei früheren photonischen Quantenrechnern. Juizhang 2 könne auch mehr als eine Rechenoperation ausführen, berichtet Hauptautor Pan. 

"Bei neueren photonischen Quantencomputern kann man mit Hilfe von optischen Prozessoren [Phasenwechsler und Beam Splitter] kontrollierbare Änderungen in den Netzwerken anbringen", erklärt dazu Physikerin Michielsen. "Und darüber hinaus hat man jetzt auch Detektoren, die nicht nur mehr ein Photon, sondern mehrere Photonen detektieren können. Das ist ein Vorteil gegenüber der ersten Generation photonischer Quantencomputer." 

Juizhang 2  könne zum Beispiel für Bosonen-Streuungs-Berechnungen ("Boson sampling") eingesetzt werden. Darunter versteht man die Simulation des Verhaltens von Lichtteilchen bzw. ihrer wahrscheinlichen Verteilung, wenn sie durch Labyrinthe aus Gittern und Spiegeln fliegen. Diese Anwendung gilt als Spezialität photonischer Quantencomputer. 

Möglicherweise könnte Boson Sampling einmal eine Rolle in der Kryptografie spielen - etwa beim Knacken von Verschlüsselungen. "Aber ich habe noch nicht gesehen, dass man die Methode wirklich dafür nutzt," sagt die Jülicher Professorin Michielsen. 

Neben den oben genannten supraleitenden und photonischen Quantencomputern gibt es auch noch sogenannte Ionen-Fallen. Dabei handelt es sich um Quantencomputer, bei denen bis zu 50 Ionen in elektrischen Feldern gefangen werden und mit Lasern in verschränkte Quantenzustände versetzt werden. Die Zustände der Qubits, die hier auch sekundenlang andauern können, werden ebenfalls mit Lasern ausgelesen. 

Und es gibt analoge Quantencomputer, die  Systeme von D-Wave, die sogar bis zu 5000 Qubits haben können. Sie sind aber nicht mit den oben genannten digitalen Quantencomputern vergleichbar. 

Sie eignen sich besonders gut, um Optimierungsberechnungen durchzuführen, etwa um die Taktung großer Eisenbahnsysteme zu verbessern oder Verkehrs-Prozesse besser zu steuern.  

"Man spricht immer über einen universellen Quantenrechner, aber keiner von den Rechnern ist universell ", lautet das Fazit von Professorin Miechielsen. "Vielleicht werden sie auch in der Zukunft immer nur für bestimmte Anwendungen gut nutzbar sein. Es kann sein, dass ein Typ von Quantenrechner besser ist für eine bestimmte Berechnung und ein anderer für etwas anderes."

Ob es überhaupt jemals einen Quantencomputer geben wird, der für alles funktioniert, sei unklar. "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er nicht kommt." Und unsere heutigen Rechenzentren werden Quantencomputer ohnehin nicht ersetzen können. 

Den allerersten Physiknobelpreis überhaupt bekam der Deutsche Wilhelm Conrad Röntgen. Er entdeckte die Röntgenstrahlen. Noch heute nutzen Ärzte sie, um Knochenbrüche oder Entzündungen in Zahnwurzeln festzustellen. Allerdings kann die energiereiche Strahlung Krebs erzeugen. Röntgen selbst nannte sie X-Strahlen, ihm zu Ehren wurden sie später umgetauft.

Der Franzose Antoine Henri Becquerel fand heraus, dass die Atomkerne einiger schwerer Metalle spontan zerfallen - wie das hier gezeigte Uran. Dabei sondern die Atomkerne energiereiche Strahlung ab. Becquerel entdeckte damit die Radioaktivität. Marie Curie und ihr Mann Pierre untersuchten das Phänomen eingehender. Alle drei bekamen später den Nobelpreis.

Licht kann winzige Teilchen aus einem Stück Metall herausschlagen. Diesen photoelektrischen Effekt untersuchte Albert Einstein eingehender. Er deutete es so: Licht und Materie sind zwei Seiten der gleichen Medaille und lassen sich ineinander umwandeln. Daher haben auch Lichtstrahlen die Kraft, das Metall zu verändern. Auf diesem Prinzip basieren heute unsere Solarzellen.

Smartphones, Laptops und iPads verdanken wir den US-Amerikanern William Shockley, John Bardeen und Walter Brattain. Sie bauten erstmals Transistoren - elektronische Schaltungen, die blitzschnell von einem Zustand in den anderen wechseln. Computerprozessoren wie dieser hier bestehen aus vielen Millionen solcher Schaltungen. Eine Geldmünze dient als Größenvergleich.

Viele gleiche Lichtstrahlen, die in dieselbe Richtung laufen - das ist einfach ausgedrückt ein Laser. Er beschert uns nicht nur bunte Lichtshows, sondern kann auch Metall schneiden und Hautflecken wegbrennen. Für seine Entwicklung bekamen der US-Amerikaner Charles Townes und die Russen Nikolai Bassow und Alexander Prochorow den Nobelpreis.

Der in Straßburg geborene US-Amerikaner Hans Bethe untersuchte, warum Sterne wie unsere Sonne eigentlich so heiß sind. Er fand heraus: Sterne verschmelzen in ihrem Inneren Wasserstoffatome zu den größeren Heliumatomen. Bei dieser Kernfusion wird viel Energie frei. Sie gelangt als Sonnenstrahlung zu uns auf die Erde.

Hologramme verdanken wir dem ungarischen Ingenieur Dennis Gábor. Er konstruierte erstmals solche dreidimensionalen Erscheinungen. Die Gebilde scheinen frei im Raum zu schweben und verändern sich je nach Blickwinkel. Aber sie sind nicht nur schön anzusehende Spielereien: Hologramme auf Geldscheinen machen es Fälschern schwer.

Einblicke in die Welt des Kleinen gab uns der Deutsche Ernst Ruska. Er erschuf das Elektronenmikroskop. Es macht so plastische Aufnahmen wie diese von einem Floh möglich. Die Auflösung ist mehr als tausend Mal so hoch wie bei gewöhnlichen Lichtmikroskopen. Daher kann man damit Dinge sehen, die unserem Auge ansonsten verborgen blieben.

Ja, Neutrinos gibt es wirklich! Das bestätigten die US-Amerikaner Leon Max Lederman, Melvin Schwartz und Jack Steinberger mit ihren Experimenten an einem Teilchenbeschleuniger wie dem hier gezeigten. Neutrinos sind extrem leichte Materiebausteine. Das Problem: Sie wechselwirken so gut wie nicht mit der Materie auf unserer Erde. Entsprechend aufwendig ist ihr Nachweis in Experimenten.

Die Grundlage für eine extrem exakte Zeitmessung legte der US-Amerikaner Norman Ramsey. Er machte die Entwicklung einer Atomuhr möglich, der genauesten Uhr der Welt. In einem Jahr weicht sie höchstens 25 milliardstel Sekunden von der idealen Zeit ab. Vier Atomuhren stehen in Braunschweig. Nach ihnen richtet sich die offizielle deutsche Uhrzeit.

Die Festplatten von Laptops werden immer kleiner, haben aber gleichzeitig viel mehr Platz für Daten als noch vor einigen Jahren. Grund ist der Riesenmagnetowiderstand. Er tritt auf, wenn man Speichermedien in einer ganz bestimmten Art baut. Diesen Effekt entdeckten der Deutsche Peter Grünberg und der Franzose Albert Fert und wurden dafür mit dem Nobelpreis belohnt.

Charles Kuen Kao, US-Physiker chinesischer Herkunft, entwickelte das Glasfaserkabel. Es überträgt schnell und verlustfrei Informationen, etwa den Inhalt einer Webseite oder ein Telefongespräch. Dafür werden die elektronischen Daten in ultrakurze Lichtblitze umgewandelt, durch das Glasfaserkabel geschickt und am Ziel wieder zurück in elektrische Impulse überführt.

Dass das Universum immer größer wird, zeigten die US-Forscher Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess. Was genau die Ursache ist, weiß die Wissenschaft allerdings noch nicht. Wer das herausfindet, bekommt bestimmt den nächsten Nobelpreis.

Vor fast 50 Jahren beschrieb der junge Physiker Peter Higgs ein Teilchen mit entscheidender Bedeutung. Es verleiht allen anderen Elementarteilchen ihre Masse. Peter Higgs und sein Kollege, der Belgier François Englert, sagten dieses Teilchen nur theoretisch voraus. Erst 2012 wurde es nachgewiesen, am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf.

Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura wurden für die Entwicklung von Leuchtdioden (LED) ausgezeichnet, die blaues Licht emittieren. So wurden weiße LEDs möglich: helle und vor allem energiesparende Lichtquellen.

Laser sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Donna Strickland und Gérard Mourou haben mit ihrer Forschung die Grundlage für Ultrakurzpulslaser gelegt. Damit lassen sich Werkstoffe so fein bearbeiten, wie mit keinem anderen Werkzeug. Die beiden teilten sich den Nobelpreis mit Arthur Ashkin, der eine optische Pinzette zur Untersuchung biologischer Proben entwickelt hatte.

Dieses Jahr ist in Stockholm wieder die Astronomie an der Reihe. Zwei Schweizer und ein Kanadier erhalten den Nobelpreis für ihre Entdeckungen, dass das Universum noch ungewöhnlicher ist - und spannender - als gedacht.  

Das Forschungszentrum Jülich und der Internetkonzern Google wollen bei der Entwicklung der künftigen Generation von Superrechnern zusammenarbeiten. Diese neuen Computer wären wesentlich schneller als derzeitige.  

Der Industrie- und Forschungsstandort Deutschland drohte im Quantencomputing den Anschluss zu führenden Nationen zu verlieren. Ein neuer Quantenrechner im Südwesten der Republik soll jetzt für neue Dynamik sorgen.

© 2022 Deutsche Welle | Datenschutz | Erklärung zur Barrierefreiheit | Impressum | Kontakt | Mobile Version